Frauen im Tschad

Geschlechtergerechtigkeit zahlt sich aus

Seit Jahrzehnten setzt sich SWISSAID für die Gleichstellung von Mann und Frau in ländlichen Gebieten ein. In Ländern, wo 80 Prozent der Frauen in der Landwirtschaft arbeiten, sind diese Bestrebungen zentral. Obwohl der Fortschritt manchmal langsam erscheint, sind Erfolge tagtäglich sichtbar. Zum Beispiel im Tschad. Dort hat sich das Leben der Frauen und ihrer Familien nachhaltig verbessert – dank Zugang zu Land, Vieh und Schulungen in Agrarökologie.

Die Fakten

Land, Region:
Tschad, Mayo Kebbi West; Mandoul; Logone Oriental und Moyen Chari.
Dauer:
August 2022 - Juli 2025
Begünstigte:
12'014 Frauen, 1'967 Männer (13'981 Familien)
Gesamtprojektbudget:
770'467 CHF

Die Ziele

Das Projekt zielt darauf ab, die Einkommensvielfalt von Frauen zu fördern und ihre Beteiligung in Entscheidungsprozessen zu stärken. Um dieses Ziel zu erreichen, unterstützen wir die Frauen durch intensive Sensibilisierungsarbeit bei den Behörden, um ihnen den Zugang zu Ressourcen zu erleichtern. Ausserdem werden Frauen dabei unterstützt, in Entscheidungsgremien aktiv zu sein. Dies geschieht durch Alphabetisierungskurse und Schulungen zu ihren Rechten und Pflichten als Bürgerinnen sowie zu vielen anderen Themen. Dies soll die Frauen ermutigen, sich aktiv an öffentlichen Debatten zu beteiligen.

Das Projekt wird finanziell unterstützt von der DEZA.

Die Stärkung und die Autonomie der Frauen hat positive Auswirkungen auf die Gesellschaft, indem sie dazu beiträgt, Hunger und Armut in der Welt zu reduzieren. SWISSAID setzt sich seit langem konsequent dafür ein, die Frauen zu stärken und die Gleichstellung der Geschlechter zu fördern. Stets mit dem Einbezug der Männer – denn nur so können nachhaltige Veränderungen stattfinden. «Dieser Ansatz ist heute in unserer Arbeit in allen Ländern zentral», betont Daniele Polini, Themenverantwortlicher Gender und WASH (Water, Sanitation and Hygiene, zu deutsch: Wasser, Sanitärversorgung und Hygiene), bei SWISSAID

In Mongo, in der Provinz Guéra im Tschad, zieht Khadidja Kotto Bakoulou ihre fünf Kinder alleine gross. Heute strahlt sie, aber noch vor einigen Jahren kämpfte sie ums Überleben. «Ich musste auf den Feldern wohlhabenderer Menschen arbeiten, um genug für mich und meine Kinder zu verdienen. Ich hätte eigenes Land pachten können, aber es war sehr teuer und von schlechter Qualität», erklärt die 51-jährige Bäuerin. 

Die prekären Lebensverhältnisse der Frauen haben negative Auswirkungen für die gesamte Gesellschaft. Laut den Vereinten Nationen könnten Frauen ihre Erträge aus der Landwirtschaft um 30 Prozent steigern und damit die Zahl der Hungernden um mehr als 150 Millionen Menschen reduzieren – wenn sie die gleichen Ressourcen und Möglichkeiten wie die Männer hätten.  

 

Für uns hat die Emanzipation der Frau und die Schaffung ausgewogener Beziehungen zwischen den Geschlechtern Priorität. Wir verfügen über vielfältige Methoden und Instrumente, um die Gleichstellungspolitik zu fördern.

Daniele Polini, Themenverantwortlicher Gender und WASH SWISSAID

Stärkung der Frauen-Netzwerke

Vor 18 Jahren schlossen sich Khadidja Kotto Bakoulou und andere bedürftige Witwen zusammen und gründeten eine Gemeinschaft. Mit der Unterstützung von SWISSAID erhielten sie Schulungen in Organisationsmanagement, Haushaltsführung, Alphabetisierung und politischem Engagement. Die Frauengruppe wuchs stetig. Jede Frau wurde ermutigt, an Entscheidungsprozessen teilzunehmen und ihre Anliegen vorzubringen. Nach langen Verhandlungen erhielten die Frauen sechs Hektar Land, was im Tschad  sehr selten vorkommt.

«Die Stammesführer haben den Frauen Land zur Verfügung gestellt, damit sie auf den Feldern anbauen können. Dadurch haben sich die Lebensbedingungen nicht nur dieser Frauen, sondern auch derer Familien erheblich verbessert», berichtet Manserké Baba, die Leiterin von CELIAF (Cellule de liaison et d’information des Associations Féminines), eine Partnerorganisation vor Ort. 

 

Plongée dans l’agroécologie

Laut den Vereinten Nationen könnten Frauen ihre Erträge aus der Landwirtschaft um 30 Prozent steigern und damit die Zahl der Hungernden um mehr als 150 Millionen Menschen reduzieren – wenn sie die gleichen Ressourcen und Möglichkeiten wie die Männer hätten. Frauen sind ein wichtiger Hebel, der in den Ländern des Südens zu wenig unterstützt wird.

Einblick in die Agrarökologie

Khadidja Kotto Bakoulou und die Frauen verdienen etwas Geld aus dem Anbau von Sesam. Diesen verarbeiten sie zu Mehl, das sie auf dem Markt verkaufen. Darüber hinaus bauen sie auf dem restlichen Land verschiedene Obst– und Gemüsesorten für den Eigenbedarf an. Weiter lernten sie agrarökologischen Methoden kennen, dank denen die Bäuerinnen künftig mehr produzieren und für mehr Einkommen sorgen. Sie erfuhren, wie Kompost hergestellt und lokales Saatgut richtig verwendet wird, warum Mischkulturen vorteilhaft sind und wie die Bewässerung optimieren werden kann.

Die Stärkung der Rechte von Frauen und deren Unabhängigkeit ist ein wesentlicher Bestandteil der Arbeit von SWISSAID. Auch in diesem Projekt: «Jetzt sind wir nicht mehr auf externe Unterstützung angewiesen. Alle verwitweten Frauen kümmern sich um ihre Kinder und sorgen dafür, dass sie zur Schule gehen und achten besser auf ihre Gesundheit. Die Familien essen jetzt dreimal am Tag», bestätigt Khadidja. 

Bon pour l’estomac, bon pour la tête

Wenn nötig, verkauft meine Mutter eine ihrer Ziegen, um mich und meine jüngeren Brüder finanziell zu unterstützen.

Esther Salata, Tochter einer Bäuerin im Tschad, die Ziegen für die Viehzucht erhalten hat.

Gut für den Bauch, gut für den Kopf

Das Geld, das die Mütter verdienen, kommt unmittelbar ihren Kindern zugute. Es sorgt nicht nur für volle Mägen, sondern auch für bessere Bildung. Ein Beispiel dafür ist Esther Salada, 22 Ihre Mutter, eine der Begünstigten, erhielt Ziegen und lernte in Schulungen mehr über die Ziegenhaltung. «Früher durften Frauen kein eigenes Vieh besitzen. Wenn eine Familie Ziegen hatte, gehörten sie dem Mann. Die Frauen waren daher vollständig von den Entscheidungen und Anweisungen der Männer abhängig», so Esther Salada.

Doch dank der Sensibilisierung und Aufklärungsarbeit hat sich dies geändert. Mit dem Geld, das Esthers Mutter durch die Viehzucht verdient, kann Esther ihre Ausbildung in der Stadt fortsetzen. «Wenn nötig, verkauft meine Mutter eine ihrer Ziegen, um mich und meine jüngeren Brüder finanziell zu unterstützen.» Eine willkommene Hilfe, wenn man bedenkt, dass jedes zusätzliche Schuljahr das Einkommen der Frauen um 10 bis 20 Prozent erhöht. 

Das Engagement von SWISSAID, die Bäuerinnen zu stärken, ist erfolgreich. Nicht nur im Tschad, sondern auch in anderen Ländern, in denen wir aktiv sind. SWISSAID setzt ihre Projekte mit dem gleichen Wunsch wie Khadidja fort: 

Dass alle Mädchen und Frauen gehört werden und die gleichen Rechte wie Männer erhalten. Ich wünsche mir, dass sie nicht das Leid erfahren müssen, das wir in der Vergangenheit ertragen haben.