Was hat Amaranth mit Nothilfe zu tun? Mehr als Sie denken. Amaranth ist eine der ältesten Nutzpflanzen der Menschheit und gehörte bereits bei den Inka und Azteken zu den Hauptnahrungsmittel. Bei uns ist die Pflanze, besser bekannt unter dem Namen Fuchsschwanz, als Nahrungsmittel in Vergessenheit geraten. Dabei hat sie viele Vorteile: Sie sättigt gut. Sie ist anspruchslos, zäh und wächst innert drei Wochen. Und rettet damit Leben. Wie im Niger.

Dort hat sich im vergangenen Jahr eine Hungerkatastrophe angebahnt. Zuerst Starkniederschläge, dann Dürre haben im Sommer die Felder zerstört. «Ich konnte keinen einzigen Sack ernten», sagt Dommo Issaka, eine Bäuerin aus dem Dorf Kankandi verzweifelt. Mehr als 2,3 Millionen Menschen standen im Spätherbst vor leeren Getreidespeichern. Die Not in einem der ärmsten Länder der Welt war – und ist weiterhin – riesig. Dank der starken Verankerung vor Ort erkannte SWISSAID die Hungerkrise als eine der ersten Hilfsorganisationen. Innert kürzester Zeit wurde ein Nothilfeprojekt lanciert. Bei lokalen Saatgutbanken, die wir seit Jahrzehnten gemeinsam mit den Bäuerinnen und Bauern vor Ort betreiben, kamen wir rasch zu Samen des nahrhaften Amaranths und verteilten sie an die Kleinbauernfamilien. Die Aussaat fand kurz darauf statt. Nach drei Wochen landeten die ersten Samen und Blätter in den Kochtöpfen. Das hilft, zusammen mit Nahrungsmittelpaketen, dass rund 5000 Familien fürs Erste satt werden.

Wachsendes Saatgut von Swissaid Nothilfe Niger

Ihre Spende verändert Leben

Dem Bauern in Ecuador. Der Mutter im Niger. Dem Jungen in Myanmar. Der Frau in Kolumbien. Der Familie in Tansania. Dem Mann im Tschad. Dem Mädchen in Indien. Dem Vater in Guinea-Bissau. Der Bäuerin in Nicaragua. Ihnen kommt Ihre Spende zugute.

Erfolgreiche Verzahnung

Parallel dazu lief in den Gemeinden die langfristige Entwicklungszusammenarbeit weiter: die Stärkung der Frau, ein wichtiger Schlüssel bei der Hungerbekämpfung. Der Bau von Brunnen für eine bessere Bewässerung der Gärten. Das Wissen über lokale, alte und resiliente Pflanzenarten, wie Amaranth, aber auch Fonio-Hirse oder Lablab-Bohne, die dem Klimawandel trotzen. Und die rasche Wiederherstellung der Märkte – damit die Begünstigten in der Region möglichst schnell wieder auf eigenen Beinen stehen können.

Diese Verbindung zwischen unserem Fachwissen über nachhaltige Landwirtschaft, unserer starken Vernetzung im Land, die eine rasche und lokal verankerte Hilfe ermöglicht, und der Möglichkeit, den Menschen langfristige Perspektiven zu bieten, sie in ihrer Selbstständigkeit zu stützen und zu stärken – das zeigt exemplarisch auf, wie SWISSAID Nothilfe lebt: mit schnellem Handeln und
gleichzeitig langem Atem.

Ob im Niger wegen zerstörter Ernten, in Nicaragua wegen eines verheerenden Wirbelsturms, in Indien, wo die Leute besonders hart von der Corona-Pandemie getroffen wurden, oder in Myanmar, wo Unruhen und die Pandemie die tägliche Arbeit fast verunmöglichten und Nothilfe zur Tagesordnung wurde. Insgesamt hat SWISSAID 2021 über 200’000 Menschen mit Nothilfeprojekten geholfen.

Hilfe verändert sich

In den kommenden Jahren dürften diese humanitären Einsätze noch wichtiger werden. Wegen des Krieges in der Ukraine rechnen Experten – nebst dem ganzen Leid im Land selbst – mit einer weltweiten Hungerkrise. Nicht umsonst werden die Ukraine und Russland die Kornkammern der Welt genannt.

Die Preise sind bereits stark gestiegen. Und das auf eh schon hohem Niveau. Gerade im Globalen Süden spitzt sich die Lage zu. Daneben häufen sich Wetterextreme. Was früher als aussergewöhnlich angeschaut wurde, ist die neue Realität. Dürre, Starkregen und Stürme wechseln sich ab und vernichten Ernten und Existenzen. Und schliesslich sorgen geopolitische Konflikte, Bürgerkriege und terroristische Anschläge für Not und Elend.

Swissaid Nothilfe Niger Nicole Stolz im Gespräch mit Bäuerinnen

Nicole Stolz, Leiterin der Entwicklungszusammenarbeit, beim Besuch des Nothilfeprojekts in Niger. Hier sehen Sie die ersten Pflanzen aus dem Notfallsaatgut, um die angekündigte Hungersnot abzuwehren.

Entdecken sie das Interview mit Nicole Stolz über das Nothilfeprojekt in Niger.

«Wer gegen den akuten Hunger ankämpft, wer in seiner Existenz bedroht ist, der ist nicht an langfristigen Projekten interessiert, sondern braucht sofort Hilfe», bringt es Nicole Stolz, Leiterin der Entwicklungszusammenarbeit, auf den Punkt. Ein wichtiges Prinzip, um in einer Welt von zunehmender Unsicherheit nachhaltige Wirkung zu erzielen, liegt in der Anwendung des Triple Nexus. «Dies ist eine Verzahnungn von rascher humanitärer Hilfe, langfristiger Entwicklungszusammenarbeit und Friedensförderung», erklärt Stolz.

Dabei fokussiert sich SWISSAID ausschliesslich auf die Notlagen in ihren neun Projektländern. Dort ist sie verankert, dort verfügt sie über das nötige lokale Netzwerk. Gemeinsam mit Partner:innen und den Begünstigten wird die Art und Weise der Nothilfe festgelegt. Gemeinsam wird auch der Weg aus der akuten Krise beschritten. Schliesslich geht es darum, die Widerstandsfähigkeit von Mensch und Umwelt, aber auch der Gesellschaft langfristig zu stärken. Oder um auf den Fuchsschwanz zurückzukommen: Amaranth bedeutet nicht welkend, nie verblühend. Diese Wirkung streben wir auch in unserer Arbeit an.