Als wir im letzten Jahrzehnt unsere Strategie 2019-2024 entwickelten, konnte niemand voraussagen, was die Zukunft bringen würde: eine Pandemie, ein Krieg in der Ukraine und ein massiver Preisanstieg in den meisten unserer Projektländer. Vor dem Hintergrund einer Nahrungsmittelkrise, die durch unvorhersehbare Wetterbedingungen und das Artensterben verschärft wurde. Willkommen in der VUCA-Ära! VUCA ist ein englisches Akronym, das sich aus den Wörtern „volatile“, „uncertain“, „complex“ und „ambiguous“, also flüchtig, unsicher, komplex und mehrdeutig, zusammensetzt. VUCA bedeutet, dass wir uns ständig anpassen müssen, um zu überleben. Starre Planungen über mehrere Jahre hinweg sind nicht mehr zeitgemäß.

Inmitten unserer 6-Jahres-Strategie zwang uns dieses schwierige Umfeld, uns die Frage zu stellen: Welcher Mehrwert stiftet SWISSAID angesichts der vielen Herausforderungen? Diese Überlegungen führten dazu, dass wir unseren Auftrag noch klarer umrissen. Unser Motto lautet nun: „Wir schaffen nachhaltige und faire Lösungen für die globale Ernährungskrise“.

Um dies zu erreichen, setzen wir besonders auf Agrarökologie und Geschlechtergerechtigkeit. Wir legen Wert darauf, lokal verankerte Programme zu schaffen, die faire Partnerschaften fördern. Wir kombinieren traditionelles bäuerliches Wissen mit den Fortschritten der Wissenschaft. Darüber hinaus sind wir stolz darauf, fast ausschließlich lokale Mitarbeiter*Innen zu beschäftigen, die sich langfristig für nachhaltige und dauerhafte Ergebnisse einsetzen. Schließlich nehmen wir unsere entwicklungspolitische Verantwortung wahr, indem wir zur Gestaltung günstiger Rahmenbedingungen beitragen.

Wichtige Partnerschaften

Um unsere ehrgeizigen Ziele zu erreichen, bauen wir Partnerschaften auf. Hier sind zwei Beispiele dafür:

  • Mit der Sufosec Alliance, der Schweizer Allianz für nachhaltige Ernährungssysteme und gestärkte Gemeinschaften, die aus sechs Organisationen besteht, haben wir eine Arbeitsgemeinschaft gegründet, die das gegenseitige Lernen fördert und innovativ ist. Das Programm der Sufosec-Allianz, das durch den Programmbeitrag der Direktion für Entwicklung und Zusammenarbeit (DEZA) des Bundes unterstützt wird, umfasst 27 Länder.
  • Im Rahmen eines DEZA-Programms arbeitet SWISSAID mit dem FiBL – dem Forschungsinstitut für integrierte bäuerliche Landwirtschaft – und AFSA – der grössten zivilgesellschaftlichen Bewegung für Agrarökologie in Afrika – zusammen. Ziel ist es, in vier Ländern auf zwei Kontinenten die Produktion und die Nachfrage nach traditionellem bäuerlichem Saatgut zu steigern, das trotz seines hohen Nährstoffpotenzials oft unbekannt ist oder zu wenig genutzt wird.

Identität und Expertise

Mit diesen Programmen stehen wir an vorderster Front, wenn es darum geht, nachhaltige Lösungen gegen die globale Nahrungsmittelkrise zu finden. Indem wir mit unseren Partnern zusammenarbeiten, schaffen wir einen Mehrwert, den wir im Alleingang nie hätten erreichen können. Dies belegt der erste Ernährungsbericht der Sufosec-Allianz.

Dieser Bericht, welcher auf den Daten von 14’000 Familien basiert, belegt, dass die Einführung verschiedener agroökologischer Praktiken zu einem Rückgang von Hunger und Unterernährung um 16 Prozent geführt hat. Diese ermutigenden Ergebnisse machen deutlich, dass die Agrarökologie bei weitem nicht nur auf den Schutz der Umwelt und die Verringerung der globalen Erwärmung beschränkt ist, sondern ein äußerst wirksames Instrument zur nachhaltigen Überwindung des Welthungers darstellt.

Schnelle Hilfe und langfristige Lösungen

Die VUCA-Ära hat gerade erst begonnen. Die Welt, in der wir leben, ist von Unsicherheit geprägt und wird auch weiterhin mit zahlreichen Krisen konfrontiert sein. Die Nothilfe, die in den kritischsten Zeiten unerlässlich ist, gewinnt immer mehr an Bedeutung. Dies gilt auch für das Programm von SWISSAID. Im Fachjargon spricht man von einem „Nexus“, um die Verzahnung von Nothilfe, Entwicklungszusammenarbeit und Friedensförderung auszudrücken.

Kurz vor ihrem 75. Geburtstag knüpft SWISSAID damit an ihre Ursprünge an. In unseren Anfängen nannten wir uns Schweizer Europahilfe und halfen Kindern und Familien in Not in einem vom Krieg zerstörten Europa. Die Welt, auf die wir zusteuern, verlangt nun zweierlei: schnelle Hilfe in Krisenzeiten, aber auch langfristige Lösungen.

«Damals hiessen wir noch Schweizerische Europahilfe und retteten im kriegszerstörten Europa Kindern und Familien das Leben.»

Markus Allemann, SWISSAID