Hüterinnen der Páramos

Gemeinsam die Ökosysteme der Hochanden schützen

Die Páramos sind einzigartige Ökosysteme im Hochland der Anden und Wasserspeicher weit über die Region hinaus. Doch intensive Landwirtschaft und Viehzucht bedrohen sie. Das setzt die von ihnen abhängigen indigenen Bauernfamilien unter grossem Druck. Ein SWISSAID Projekt unterstützt sie, um die Páramos – und ihre Lebensgrundlage – zu schützen und zu erhalten.

Die Fakten

Land, Region:
Ecuador, Provinz Chimborazo
Dauer:
Januar 2023 - Dezember 2026
Begünstigte:
3’000 Personen aus der indigenen Gemeinschaft Kichwa
Gesamtprojektbudget:
CHF 375'054

Die Ziele

Das Projekt «Hüterinnen der Páramos» soll indigenen Bauernfamilien dabei helfen, ihre Lebensgrundlagen zu verbessern, indem sie die Páramos-Ökosysteme schützen und wiederherstellen. Gleichzeitig sollen wirtschaftliche Perspektiven geschaffen werden, die die Nachhaltigkeit in den Gebieten der lokalen Ureinwohner:innen fördern. So soll das Projekt langfristig dazu beitragen, die Armut zu verringern und die Abwanderung junger Menschen aus ihren Gemeinden zu verhindern.

Das Projekt wird finanziell unterstützt von der DEZA.

Ein kalter Wind weht auf über 3’500 Metern über Meer, in der Provinz Chimborazo, mitten im hochandinen Ecuador. Eine Gruppe von Frauen und Männern schart sich um eine Karte: Die Kartierung ist ein essenzieller Teil der lokalen Bemühungen, die Páramos zu schützen.

Die Lebensader der Hochanden

Den Páramos geht es nicht gut. Jahrelange intensive Landwirtschaft in Monokulturen, der Einsatz von Chemikalien auf Feldern, sowie eine nicht angepasste Viehhaltung haben dem sensiblen Ökosystem zugesetzt. Die Konsequenz: Ausgelaugte Böden und Erosion, verlorenes Wissen über das traditionelle Saatgut, riesige gerodete Landstriche für Weideland, und verschmutzte, ausgetrocknete Wasserquellen. Der Klimawandel verschärft die Situation. Die Trockenperioden werden länger, die Regenzeiten kürzer – und sind zudem oft begleitet von Hagel, Frost und abrupten Temperaturstürzen.

Der Kleinbauer Angel Gilberto Asas Azoguez summiert: «Das Leben hier auf 4’000 Metern Höhe ist extrem. Lange lebten wir von der Schafzucht und hatten ein gutes Auskommen. Aber vor einigen Jahren blieb das Wasser immer öfter aus. Wenn wir so weiter gemacht hätten, wären die Páramos um uns herum ausgetrocknet.»

Das wäre katastrophal: Die Páramos, Hochlandsteppen- und Moorlandschaft zugleich, sind die wichtigsten Süsswasserreservoirs der Andenländer. In Ecuador und Kolumbien, wo SWISSAID die Renaturierung dieser Ökosysteme unterstützt, liefern sie 70 Prozent des Wassers für die Bevölkerung – sowohl im Umland als auch in entfernteren Städten. Überdies speichern sie Unmengen an CO2 und sind Heimat für eine einzigartige Flora und Fauna, wie die palmenartigen Frailejones, den Klettersalamander oder den Andenfuchs.

Gesunde Natur, gesunde Gemeinschaften

Ein Versiegen der Wasserquellen würde den Kollaps eines ganzen Ökosystems bedeuten – mit Folgen für das globale Klima. Ein Wandel muss her: Nur so können die Bäuerinnen und Bauern weiterhin ein selbstbestimmtes Leben führen, Zukunftsperspektiven für die Region schaffen und die Abwanderung in die Städte stoppen. Gemeinsam mit SWISSAID hat die Bevölkerung nun begonnen, die Viehhaltung zu reduzieren, die Wasserversorgung zu sichern und sich alternative, nachhaltige Einkommensquellen zu erschliessen.

Maria Roldan, 41, Bäuerin

«Die Leute verlassen die Gegend, weil es kein Wasser mehr gibt und die Einkünfte nicht mehr zum Leben ausreichen. Viele Kinder wachsen ohne ihre Eltern auf. Aber wir haben Hoffnung. Gemeinsam mit den lokalen Behörden und SWISSAID sind wir dabei, die Páramos wiederzubeleben. Inzwischen haben wir wieder ausreichend Wasser, um unsere neuen agrarökologischen Gärten zu versorgen.»

Der erste Schritt beginnt mit der Errichtung von Zonen, welche die Gemeinschaften schützen möchten: Nur wenn das Ökosystem sich erholt, kann sie die Region mit genug Wasser versorgen. Samue Yaguah, Mitglied im Wasserkomitee erzählt: «Mit SWISSAID haben wir die Böden untersucht und die Gegend kartografiert. Die höher gelegenen Wasserläufe gehören nun zu einem Schutzgebiet, von wo wir unser Wasser beziehen. Die landwirtschaftlichen Tätigkeiten haben wir dafür auf die tieferen Lagen begrenzt.»

1000 Hektare Páramos sollen insgesamt geschützt werden. Das braucht Zeit. Doch erste Ergebnisse sind bereits sichtbar, wie Eulalia Ortiz, Sekretärin der Gemeindeverwaltung, freudig berichtet: «Es ist wunderbar zu sehen, dass sich die alten einheimischen Pflanzen wieder ansiedeln. Und es gibt wieder Rehe, Kaninchen und andere Wildtiere bei uns.»

Mit Agrarökologie Zukunft säen

Es braucht auch einen Wandel in der Landwirtschaft und Viehhaltung – den wichtigsten Einnahmequellen in den Hochanden. Diese waren zuvor wasserintensiv und laugten die Böden aus. Für das Vieh wurden zudem grosse Flächen niedergebrannt, um Weiden zu schaffen. Doch die ursprüngliche Flora, die eine massgebliche Rolle bei der Speicherung von Wasser in den Böden spielt, erholte sich in der Höhe nur sehr langsam. SWISSAID begleitet daher Familien, auf Agrarökologie umzustellen und nachhaltige Bewässerungssysteme zu entwickeln.

Die Bäuerinnen und Bauern verkleinerten ausserdem ihre Weiden und ihren Viehbestand. Damit verringerten sich kurzfristig ihre Einnahmen – doch längerfristig macht der schonende Anbau von einheimischen Gemüsesorten diese wieder wett, wie die Bäuerin Maria Roldan erläutert. In Workshops lernten Eltern und Kinder, welche traditionellen Gemüsesorten gut an das lokale Klima angepasst sind, wie sie ihr eigenes Saatgut herstellen können, und was für natürliche Alternativen zu chemischen Düngemitteln es gibt.

Auf dem lokalen Markt lassen sich üppige Ernten sehen: Berge riesiger Salat- und Kohlköpfe thronen auf den Ständen. Der Wandel von Monokulturen auf agrarökologische Methoden mit diversem Saatgut erlaubt es den Familien, sich gesund und ausgewogen zu ernähren und mit den Überschüssen ein Zusatzeinkommen zu verdienen.

Gladys Manzano, 30, Bäuerin

«Zweimal in der Woche gehen wir zu einem agrarökologischen Markt, um unsere Produkte zu verkaufen sowie Saatgut und Pflanzen zu tauschen. Auch wenn das Leben als Kleinbäuerin sehr schwer ist, hat uns der eigene Anbau durch schwere Krisen wie zum Beispiel die Covid-Pandemie getragen, die unser Land schwer getroffen hat.»

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Dem Bauern in Ecuador. Der Mutter im Niger. Dem Jungen in Myanmar. Der Frau in Kolumbien. Der Familie in Tansania. Dem Mann im Tschad. Dem Mädchen in Indien. Dem Vater in Guinea-Bissau. Ihnen kommt Ihre Spende zugute.

Frauen an vorderster Front

Dieser positive Wandel ist vor allem einer treibenden Kraft geschuldet: den Frauen der Páramos. Viele Männer sind in die Städte gezogen, um als Tagelöhner das Einkommen der Familie aufzubessern und selten zu Hause. Zurück blieben die Frauen, die nun die Hauptlast im Haushalt und in der Landwirtschaft trugen – aber keine Führungsrollen einnahmen.

Das SWISSAID Projekt unterstützt daher auch Frauennetzwerke, die einen Raum für Frauen schaffen, um sich auszutauschen und voneinander zu lernen. Inzwischen kartografieren die «Hüterinnen der Páramos» gefährdete Gebiete und halten Schulungen zu Naturschutz und Agrarökologie. Die Bäuerin Gladys Manzano ist als Expertin für Mikroorganismen und nachhaltiger Bodenbewirtschaftung oft unterwegs, um ihr Wissen weiterzugeben. Der leidenschaftliche Einsatz der Frauen hat das Leben in den Hochanden sichtbar zum Besseren verändert – und zukunftsfähig gemacht.

Rosa Bravo, Präsidentin der Frauenvereinigung Hoshuk Yuyay

«Als Indigene und Frauen ist es doppelt schwer. Früher waren wir nirgends vertreten. Jetzt, wo so viele Männer die Gegend verlassen haben, hat langsam ein Umdenken begonnen. Inzwischen gibt es bereits kleinere Dorfgemeinschaften, die eine Frau zur Präsidentin haben. Das wäre früher undenkbar gewesen und ist ein grosser Fortschritt.»

Copyright Headerbild und Bilder im Text: Saywa Katarhy Masaquiza