«Entwicklungszusammenarbeit, die nicht in den Dörfern ankommt, ist weder Entwicklung noch Zusammenarbeit», weiss Nicole Stolz, Leiterin der Abteilung Entwicklungszusammenarbeit. «Die Stimmen der Bäuerinnen und Bauern sind essenziell für die nachhaltige Überwindung des Hungers. Sie spielen aber auch eine wichtige Rolle bei der Förderung von Demokratie und Teilhabe», so Stolz. SWISSAID weiss um die Bedeutung der Zivilgesellschaft und arbeitet eng mit lokalen Organisationen und Netzwerken zusammen, um gemeinsam innovative Lösungen zu finden und positive Veränderungen in der Gesellschaft zu fördern.

 

Erfolge, die sich sehen lassen können

Diese Ergebnisse können sich sehen lassen und bedeuten etwa die Umsetzung von rund 4000 landwirtschaftlichen Projekten in den neun Zielländern über die letzten 25 Jahre. Dazu gehört der Aufbau von über 700 Saatgutbanken, die dem Erhalt der Sorten- und Artenvielfalt von Nutzpflanzen und damit auch einer abwechslungsreichen Ernährung dienen. Grosse und zunehmende Bedeutung gewinnen dabei die gemeinsamen Massnahmen, die Kleinbäuerinnen und -bauern bei der Umstellung auf ökologische Landwirtschaft unterstützen und den Zugang zu lokalen Märkten verbessern. SWISSAID bildet dafür Mitglieder lokaler Gemeinschaften in Agrarökologie aus, etwa in Nicaragua oder Indien. Durch die Stärkung der Kleinbäuerinnen und -bauern und die Förderung einer nachhaltigeren Landwirtschaft tragen diese Initiativen zur Verbesserung der Ernährungssicherheit bei und schaffen gleichzeitig Arbeitsplätze und Einkommen für die lokale Bevölkerung.

Die zentrale Rolle der Frauen

Eine zentrale Rolle für die nachhaltige Überwindung des Hungers spielen Frauen (vgl. den Beitrag zur Geschlechtergerechtigkeit in dieser Broschüre S. 16). Gerade in den Zielländern von SWISSAID sind Frauen aber durch patriarchale Strukturen und ausgrenzende Gesetze benachteiligt und sehen sich auch körperlichen Angriffen ausgesetzt. SWISSAID stärkt hier fortschrittliche Strukturen der Zivilgesellschaft durch Beratung und Sensibilisierungskampagnen wie etwa in Indien, wo über die letzten dreieinhalb Jahre über 72 000 Frauen und 50 000 Männer an gewaltpräventiven Projekten teilnahmen. «Durch diese Art der Sensibilisierung können wir das Bewusstsein für diese Themen erhöhen. Das ist der Nährboden, auf dem neue Denkmuster wachsen können», so Sneha Giridhari von SWISSAID Indien.

Um Frauen die Möglichkeit zu geben, sich eine eigene Existenz jenseits patriarchaler Strukturen aufzubauen, arbeiten SWISSAID und ihre Partnerorganisationen auch mit staatlichen Stellen zusammen, damit Frauen die Möglichkeit bekommen, eigenständig Land zu pachten. In den letzten 25 Jahren hat es SWISSAID mehr als 80 000 Frauen ermöglicht, auf eigenem Grund und Boden Landwirtschaft zu betreiben. Wenn SWISSAID von nachhaltiger Überwindung des Hungers durch Agrarökologie spricht, ist damit stets auch Geschlechtergerechtigkeit und eine Demokratisierung der Gesellschaft insgesamt gemeint.

Zivilgesellschaft: auch in der Schweiz

Die Zusammenarbeit mit der Zivilgesellschaft ist auch ein wichtiger Bestandteil der Arbeit von SWISSAID in der Schweiz. Dazu gehört die Lancierung von Volksinitiativen oder Kampagnen oder die Beteiligung daran, etwa gegen die landwirtschaftliche Nutzung von Gentechnik oder die Teilnahme an der Konzernverantwortungsinitiative, um so auf eine nachhaltige Entwicklung von Landwirtschaft und Ernährung hinzuwirken. Es braucht Rahmenbedingungen, die allen Menschen ermöglicht, ein selbstbestimmtes und würdevolles Leben zu führen. Das ist die Selbstverpflichtung von SWISSAID.

Erst kürzlich ist zudem – nach der ersten Studie von 2020 – die zweite Goldstudie erschienen: Zwei Drittel allen weltweit geförderten Goldes werden in der Schweiz raffiniert und verarbeitet, ohne dass Transparenz über die Herkunftsmine oder eine staatliche Kontrolle existiert; Gold, an dem Blut oder illegale Kinderarbeit klebt, lässt sich zwar so nicht aufdecken. Aber auch hier betreibt SWISSAID zusammen mit anderen zivilgesellschaftlichen Akteuren wichtige Aufklärungsarbeit und setzt politisch Impulse für eine gerechtere Gesellschaft hier und im globalen Süden.

Ohne die kontinuierliche Unterstützung unserer Spenderinnen und Spender in der Schweiz kann SWISSAID ihre Arbeit nicht leisten. Neben den staatlichen und institutionellen Beiträgen, allen voran von der DEZA, sind Spenden die mit Abstand wichtigste Einnahmequelle für SWISSAID. Bedeutsam ist aber auch die Arbeit der zahlreichen Ehrenamtlichen wie etwa an den Schulen, die sich alljährlich am Abzeichenverkauf beteiligen. SWISSAID ist den Tausenden von Lehrkräften und den mittlerweile mehr als einer Millionen Schüler:innen für ihr Engagement in den vergangenen 25 Jahren sehr dankbar. Dieser Dank gilt auch den eigenständig aktiven SWISSAID-Gruppen wie etwa in Zürich oder Genf.

Die Herausforderungen für die Entwicklungszusammenarbeit werden in den nächsten Jahren und Dekaden zweifellos zunehmen. Zunehmen wird aber auch die Zusammenarbeit mit lokalen Organisationen und Netzwerken in den Partnerländern und in der Schweiz. Erfolgreich wird SWISSAID auf der Suche nach effektiven und nachhaltigen Lösungen zur Überwindung des Hungers aber nur bleiben, wenn sie auf die Stimmen der fortschrittlichen Teile der Zivilgesellschaft hört und die gemeinsame Arbeit insbesondere mit den Kleinbäuerinnen und -bauern in den Zielländern auf Augenhöhe fortsetzt.