«Von welchen Minen beziehen Sie Ihr Gold?» Diese Frage stellen NGOs, die den Weg des Goldes zurückverfolgen und die Akteure in der Branche stärker in die Pflicht nehmen wollen, den Raffinerien schon seit langem.

Bislang ohne grossen Erfolg. Die meisten Raffinerien ignorierten die Frage mit der Begründung, dass Vertraulichkeit, Wettbewerb oder Sicherheitsbedenken sie daran hindern, die Fragen zu beantworten. Die neue Studie «Out of the Shadows» von SWISSAID durchbricht einen Teil dieser Geheimhaltung. Auf der Grundlage von Berichten von Bergbauunternehmen, Regierungen, Zollstatistiken und kostenpflichtigen Datenbanken deckt die 60-seitige Studie 142 Geschäftsbeziehungen zwischen 116 afrikanischen Industriegoldminen und 16 Raffinerien in aller Welt für den Zeitraum 2015-2023 auf.

Die Zahlen sind beträchtlich: Im Jahr 2020 wurden im Rahmen dieser Geschäftsbeziehungen mehr als 450 Tonnen Gold im Wert von über 23 Milliarden Schweizer Franken gehandelt.

Transparenz fordern

Nachdem die Autoren öffentlich zugängliche Daten gesammelt hatten, kontaktierten sie nacheinander jede der Raffinerien – von denen fünf in der Schweiz ansässig sind – sowie 32 Bergbauunternehmen, um sie mit den Informationen zu konfrontieren. Während die meisten Raffinerien sich weigerten, die Namen ihrer Lieferanten zu nennen, waren die Bergbauunternehmen transparenter. «Dieser Bericht zeigt die unterschiedlichen Praktiken punkto Transparenz der Raffinerien auf, aber vor allem beweist er, dass die von einigen Raffinerien gepflegte Geheimhaltungskultur nicht gerechtfertigt ist», fasst Yvan Schulz, Mitautor der Studie, zusammen.

Dieser Bericht zeigt, dass mehr Transparenz dringend nötig ist. Gestützt auf mehrere Quellen hat SWISSAID in den meisten der 125 von ihr identifizierten afrikanischen Goldminen gravierende Probleme festgestellt – darunter Menschenrechtsverletzungen, Umweltzerstörung, Gewalt und Korruption. In den Regionen, in denen Gold abgebaut wird, profitiert die lokale Bevölkerung kaum von den Einnahmen aus den Bodenschätzen. «Deshalb ist Transparenz so wichtig. Sie trägt dazu bei, Verantwortung der Akteure einzufordern und notwendige Schritte zur Bekämpfung der Probleme zu unternehmen», argumentiert Marc Ummel, Mitautor des Berichts.

Rechenschaftspflicht verbessern

Abschliessend fordern die Autoren unter anderem, dass nationale Gesetze und Industriestandards die Raffinerien dazu verpflichten, die Namen aller Minen, von denen sie Rohstoffe beziehen, offenzulegen. In der Schweiz setzt SWISSAID grosse Hoffnungen in das Edelmetallkontrollgesetz, das 2023 im Parlament debattiert werden soll. Dieses Gesetz soll sich an dem «OECD-Leitfaden für die Erfüllung der Sorgfaltspflicht zur Förderung verantwortungsvoller Lieferketten für Minerale aus Konflikt- und Hochrisikogebieten» orientieren. Das bedeutet, dass Raffinerien in der Schweiz verpflichtend ihrer Sorgfaltspflicht in Bezug auf die Einhaltung von Menschenrechten und Umweltschutz nachkommen müssen. «Es soll nicht mehr möglich sein, ungestraft schmutziges Gold in die Schweiz zu importieren», so Marc Ummel abschliessend.