Welche Rolle spielt die Schweiz im ­internationalen Goldhandel?

Marc Ummel: Die Schweiz ist die wichtigste internationale Drehscheibe. Über die Hälfte des Goldes weltweit wird hierzulande raffiniert und verarbeitet. Vier der grössten Raffinerien sind in der Schweiz angesiedelt. Wir sprechen hier von einem Volumen von rund 2’400 Tonnen, das 2022 importiert wurde. Das entspricht einem Wert von fast 100 Milliarden Franken – und ist somit mit Abstand das grösste Importgut hierzulande. So eine Marktmacht verpflichtet.

Nimmt die Schweiz diese Verantwortung wahr?

Die Behörden sind sich der Risiken bewusst aber die Gesetzgebung ist zu lasch; die Kontrollen ungenügend. Zudem lässt die Deklarationspflicht viel Platz für Schlupflöcher. Die Importeure müssen bei der Herkunft nur die letzte Station dokumentieren. Das ist problematisch. Denn oft wird Gold aus Konfliktländern oder illegales Gold mit dem Flugzeug im Handgepäck transportiert – und gelangt so nach Dubai.

Dort wird es verhökert, geschmolzen und weiterverkauft. Wenn dieses Gold in die Schweiz importiert wird, hat es als Herkunftsland die arabischen Emirate – es könnte aber genauso gut aus Mali oder der Demokratischen Republik Kongo kommen.

Auf der einen Seite führt die Schweiz am UNO-Sitz in Genf Friedensgespräche. Auf der anderen Seite trägt sie indirekt mit schmutzigem Gold aus Konfliktländern zu Finanzierung von Kriege und Konflikte bei. Das darf nicht sein!

Würde ein Verbot von Gold aus handwerklichen Minen helfen?

Nein, dies schadet den Menschen im Globalen Süden am meisten. Kleine Bergbauminen bieten die Lebensgrundlage für Millionen Familien weltweit. Ein Verbot würde diese am härtesten treffen. Mehr noch: Die Arbeit in handwerklichen Minen ermöglicht den Menschen, ein Einkommen zu generieren und eigenständig einen Weg aus der Armut zu finden.

Wie kann man also den Menschen des Südens helfen?

Was es braucht, sind stärkere Kontrollen, mehr Transparenz und die direkte Zusammenarbeit mit handwerklichen Minen. In Tansania zum Beispiel zielt ein Projekt von SWISSAID darauf ab, die Umwelt- und Gesundheitsbedingungen in den handwerklichen Goldminen im Norden des Landes zu verbessern. Zu diesem Zweck stützt sich SWISSAID auf zwei lokale Partner, die auf dieses Gebiet spezialisiert sind.

Neben ihrer direkten Arbeit mit den Minen zur Entwicklung von Mindeststandards werden zahlreiche Advocacy-Aktionen auf lokaler und nationaler Ebene durchgeführt. Dabei wird sichergestellt, dass der Sektor des handwerklichen Goldabbaus bessere Vorschriften erhält und dass diese auch umgesetzt werden.