Im Jahr 2014 fand das Internationale Jahr der Bäuerlichen Familienbetriebe statt. In der Schweiz organisierten der SBLV und SWISSAID zusammen einen Bäuerinnen-Dialog. Acht Frauen aus vier Kontinenten konnten eine Tour de Suisse machen und über ihre Situation diskutieren.

Die Aktion «Mein Bauer – Meine Bäuerin»hat ebenfalls verschiedenen Bauernfamilien von der Schweiz und der ganzen Welt ermöglicht, über eine Facebook-Seite ein Jahr lang der Bevölkerung die Familienbetriebe näher zu bringen.

In diesem Jahr ist der Internationale Tag der Landfrauen eine Gelegenheit, von diesen Frauen und Familien zu hören. Der SBLV und SWISSAID haben Interviews und Fotos gesammelt und verschiedene Dossiers zusammengestellt.

Interview mit Dorcas Ndigueroïm aus dem Tschad

Wie hat sich Ihre Situation seit 2014 verändert? Was ist besser geworden, was hat sich negativ entwickelt?

Ich war beeindruckt, wie in der Schweiz Kompost hergestellt wird. Aber da ich dies bei uns nicht genau gleich machen kann, habe ich das Verfahren auf die lokalen Verhältnisse angepasst:

Ich transportiere den Dung meiner Tiere auf das Feld, nachdem dieser bei mir zu Hause für eine Weile in Beuteln gelagert wurde. Zum Zeitpunkt der Ausbringung, kurz vor dem Pflanzen und Säen, ist die Zersetzung bereits weit fortgeschritten. Auch Laub und Erntereste werden auf den Haufen gelegt und ich füge Asche aus meiner Küche hinzu, dann bringe ich den Kompost vor dem Pflügen aus. Dank diesem Verfahren hat meine Erntemenge zugenommen. Früher habe ich auf einem Hektar 4.5 Säcke Erdnüsse geerntet. Jetzt sind es 7 Säcke (ein Sack geschälte Erdnüsse entsprechen ca. 80 Kilogramm. Die Erntemenge beträgt somit 0,56 Tonnen pro Hektar. Dies ist eine Steigerung von gut 50 %).

Ein Teil dieser Ernte wird gegessen, vom anderen extrahiere ich das Öl, das ich verkaufe. Dies ermöglicht mir die Schulbildung der Kinder, die medizinische Versorgung, einen Teil der Haushaltskosten und Hygieneprodukte zu bezahlen. So konnte ich beispielsweise für das Schuljahr 2017-2018 die vollen Kosten für sechs Kinder, darunter zwei Mädchen, übernehmen:

– Versorgung: 30’000 Francs CFA;
– Schuluniform: 35’000 Francs CFA;
– Schulgebühren: 57’000 Francs CFA

Das sind total 122’000 Francs CFA (= 222 Schweizer Franken).

Ich habe drei Söhne, die an der Universität studieren, zwei in Tschang (Kamerun) und einer in Bitkine (Tschad). Ihr Vater kümmert sich um sie.

Bei der Tierhaltung habe ich ebenfalls Anpassungen gemacht. Ich halte Ziegen und habe ihre Fütterung verbessert. Vorher überliess ich die Tiere sich selbst. Aber mit dem, was ich in der Schweiz gesehen hatte, konnte ich vieles verändern. Heute füttere ich die Ziegen mit Sorghum und mit Heu, das aus Ernteresten (Bohnen und Erdnüssen) besteht. So erhalten die Ziegen jeden Morgen etwas Futter. Dadurch sind sie viel zutraulicher geworden und laufen nicht mehr weg. Ich konnte bereits zwei Ziegen für je 40.000 Francs CFA verkaufen. Mit dem Geld konnte ich Kleider für meine Kinder kaufen, die waren sehr glücklich.

Ein weiterer wichtiger Punkt, der uns motivierte, ist die Verarbeitung lokaler Produkte. Wir Frauen waren es gewohnt, lokale Nahrungsmittel zu verarbeiten, aber wir legten keinen Wert darauf. Für uns waren Erzeugnisse aus anderen Ländern die besten. Nach der Rückkehr aus der Schweiz informierte ich die Frauen über die Milchverarbeitung, was die Frauen animierte, Wert auf ihre lokal verarbeiteten Produkte zu legen, insbesondere auf die Sheabutter. Diese liefert uns mehrere Produkte, darunter Haut- und Haarcremen, Seifen und Speiseöle. Die Abfallprodukte, die bei der Verarbeitung anfallen, können für die Bekämpfung von Termiten, welche die Zäune zerstören, eingesetzt werden.

Dank dem wir das Bewusstsein bei den Frauen für den Zugang zu Land geschärft haben, konnten einige Frauen Land entweder von ihren Ehemännern, den Dorfchefs oder sogar als Erbe von ihren Vätern übernehmen. Die Frau hatte kein Recht darauf, von ihrem Mann oder Vater Land zu erben.

Was bei uns problematisch ist, sind die Konflikte zwischen Bauern und Hirten, ausgelöst durch frei herumlaufende Tiere. Diese Konflikte führen sogar zu Todesfällen und erschweren das Zusammenleben der Menschen. Das hat einen direkten Einfluss auf die Lebensmittelproduktion der Frauen.

Was sind Ihre Wünsche für die Zukunft?

Ich möchte mit der Mulchsaat, wie ich sie in der Schweiz gesehen habe, experimentieren. Ebenfalls wünsche ich mir bessere Geräte für die Verarbeitung und die Verpackung unserer Produkte. Dies würde den Verkauf erleichtern.

Sehr wichtig ist auch die Alphabetisierung der Frauen, damit alle in meiner Organisation zumindest lesen, schreiben und rechnen können. Ich finde, dies ist für ihre verschiedenen Aktivitäten sehr wichtig.

Was sind Ihre Wünsche an die Bäuerinnen in der Schweiz?

Ich möchte die Beziehungen zu Schweizer Bäuerinnen erneuern, um den Erfahrungsaustausch fortzusetzen und auch um verarbeitete lokale Produkte zu tauschen.

Die Unterstützung bei der Beschaffung besserer Geräte zur Verarbeitung lokaler Produkte aus unserer Region sowie andere Entwicklungsprojekte würden wir begrüssen.

Interview mit Momini Serrobé aus dem Tschad

Wie hat sich Ihre Situation seit 2014 verändert? Was ist besser, was hat sich negativ verändert?

Es wurde eine Schule für Bäuerinnen erschaffen, in der spezifische Fragen erörtert werden. Wichtige Fragen, die die Entwicklung der Frauen in der Landwirtschaft beeinträchtigen, sind die Finanzierung der Landwirtschaft im Allgemeinen und insbesondere den Zugang zu und die Kontrolle über das Land, den Zugang zu Krediten und Produktionsmitteln oder Ausrüstung. Nach der Gründung dieser Schule wurden 50 Hektar Land von traditionellen Dorfchefs an Frauen vergeben, nachdem sich die Frauen dafür engagiert hatten. Die Situation der Bäuerinnen ist jedoch nach wie vor kritisch, da ihr Status nicht anerkannt ist.

Was sind Ihre Wünsche für die Zukunft?

  • Die Förderung eines vielfältigen Austauschs zwischen Bäuerinnen.
  • Eine technische und finanzielle Unterstützung für den Aufbau eines agro-ökologischen Betriebs in der Provinz Mayo-Kebbi mit dem Ziel die Bäuerinnen von schlechten landwirtschaftlichen Praktiken abzuhalten, die die Gesundheit der ländlichen und städtischen Bevölkerung beeinträchtigen.
  • Für alle SWISSAID-Partnerländer: Eine vermehrte Ausrichtung zur Verbesserung der Produktion von bäuerlichen Familienbetrieben.
  • Die Schaffung eines Rahmens für die Konsultation und den Austausch von Bäuerinnen in den Ländern, in denen SWISSAID tätig ist.

Was sind Ihre Wünsche an die Bäuerinnen in der Schweiz?

  • Eine Fortsetzung der Diskussionen, welche im Jahr der bäuerlichen Familienbetriebe geführt wurden, anlässlich des Internationalen Tages der Landfrauen.
  • Eine Einladung der Berufskolleginnen, um weitere Erfahrungen zu sammeln und auszutauschen.
  • Einen Ausbau der Landwirtschaftsschulen, damit junge Frauen sich für den agro-ökologischen Landbau ausbilden lassen können.