Das BLW berichtet heute von den Schweizer Multi-Stakeholder-Dialogen über die Ernährungssysteme. Diese Dialoge sind als ein Beitrag für den im September in New York stattfindenden Food System Summit der UNO (UNFSS) gedacht. Der Gipfel steht im Dienst der Agenda 2030 (UN-Ziele für nachhaltige Entwicklung). Die Teilnehmenden wollen nichts Geringeres als den «Aufbau der Ernährungssysteme der Zukunft» erreichen.

Jelena Filipovic, Mitgründerin von Landwirtschaft mit Zukunft, hat am Dialog teilgenommen und meint: «Es ist illusorisch zu glauben, dass sich durch ein zwei kurze Austausche zwischen unterschiedlichen Akteuren mit gegensätzlichen Interessen grundlegende Machtungleichgewichte und Zielkonflikte in Luft auflösen.» Dass der Bund bei der Gestaltung der Ernährungssysteme für die Zukunft auf Partizipation setzt, ist zwar positiv. Doch für echte Transformation braucht es einen viel umfassenderen Prozess mit Einbezug der Bevölkerung, der auf politische Veränderung zielt.

Noch schlechter sieht es auf globaler Ebene aus: Der Eindruck verfestigt sich, dass am UNFSS elementare Aspekte wie die Menschenrechte und insbesondere die bäuerlichen Rechte ausgeklammert, und stattdessen einseitig technologische Lösungen im Interesse der Agrarindustrie favorisiert werden.

Die nationalen Multi-Stakeholder-Dialoge des BLW brachten nur allgemeine und unverbindliche Handlungsansätze hervor. Besser waren die Städtedialoge, welche konkretere und vielversprechendere Massnahmen hervorbrachten. Parallel zu den Dialogen auf nationaler und lokaler Ebene hat die Direktion für Entwicklung und Zusammenarbeit (DEZA) eine eigene Diskussionsrunde organisiert. Es ist bedauerlich, dass die Dialoge separat geführt wurden, denn um das Silodenken zu überwinden und Politikkohärenz zu erreichen, müssten Innen- und Aussenpolitik endlich zusammen gedacht werden.

Die unterzeichnenden Organisationen treten für eine Landwirtschaft ein, welche die Umsetzung des Rechts auf Nahrung zum Ziel hat und sich aus der Abhängigkeit von chemischen Düngern und Pestiziden befreit, welche die Böden mittelfristig unfruchtbar machen und Umwelt und Gesundheit gefährden. Die Wissenschaft sowie Bäuerinnen und Bauern – im Globalen Süden wie auch in der Schweiz – haben den Tatbeweis längst erbracht, dass alternative, agrarökologische Formen der Landwirtschaft erfolgreich sind. Infolge falscher politischer Rahmenbedingungen fristen diese Alternativen jedoch ein Schattendasein.

Der bevorstehende Gipfel verstärkt den Trend, dass globale Konzerne auf Kosten der Menschenrechte und sozialen Gerechtigkeit und damit auf Kosten der Staatengemeinschaft und der Zivilgesellschaft immer mehr Raum in Prozessen der UNO einnehmen. «Die UNO verliert so an Legitimität. Es ist besorgniserregend, dass die UNO-Organisationen den Prozess für die Lösung der aktuellen Probleme in den Ernährungssystemen weitgehend jenen Konzernen in die Hand gibt, die sie mitverursacht haben», sagt Simon Degelo, Verantwortlicher für Saatgut und Biodiversität bei SWISSAID.

United Nations Forum on Sustainability Standards (UNFSS)

Der UNFSS wird von der UNO in enger Partnerschaft mit dem WEF organisiert – auf dem Hintergrund eines umfassenden «Strategic Partnership Framework», das die beiden Organisationen 2019 unterzeichnet haben. Eine angemessene Partizipationsmöglichkeit für bäuerliche und zivilgesellschaftliche Organisationen fehlt. Dagegen haben Konzerne und industrienahe Kreise grossen Einfluss. Im Vorfeld des UNFSS fanden in den einzelnen Ländern sogenannte Food Systems Dialoge (in der Schweiz vom BLW und DEZA organisiert) statt. Die erarbeiteten Lösungen sollen in den UNO Gipfel einfliessen.

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