Die Wissenschaft ist klar: Wir sind nicht auf Kurs. Auch die von den Ländern neu eingereichten nationalen Klimaziele reichen nicht aus, um die globale Erwärmung auf 1,5 Grad Celsius zu be-grenzen. «Die UNO-Klimakonferenz in Brasilien muss deshalb ein klares Signal senden, dass die Weltgemeinschaft bereit ist, das Ruder herumzureissen. Dafür braucht es einen schnellen und gerechten Ausstieg aus den fossilen Energien», sagt Andreas Missbach, Geschäftsleiter von Alliance Sud.
Schnell muss der Ausstieg aus den fossilen Energien gehen, um die globale Erwärmung einzu-dämmen und noch schlimmere Auswirkungen und Schäden zu verhindern. Gerecht muss die Energiewende sein, weil sie nur so nachhaltig funktionieren kann. «Es braucht den Einbezug der Sozialpartner, um Kohlekraftwerke abzustellen, genauso wie die Partnerschaft mit indigenen Ge-meinschaften, um Regenwälder zu schützen», sagt Andreas Missbach. «Es braucht ebenfalls ein gerechteres Wirtschafts- und Finanzsystem, damit sich mehr Länder Investitionen in die benötigte Infrastruktur leisten können». Auf Englisch hat sich hierfür der Begriff «Just Transition» etabliert.
Forderungen von Alliance Sud
– Die Schweiz muss darauf hinarbeiten, dass an der COP30 ein Plan zur Beschleunigung der Klimamassnahmen verabschiedet wird. Sie muss sich dafür einsetzen, dass von allen Ländern eine Verstärkung ihrer dieses Jahr eingereichten Klimapläne eingefordert wird, damit die globalen Bemühungen ausreichen.
– Die Schweiz muss sich selbst höhere Ziele setzen und die notwendigen Massnahmen ergreifen, um diese zu erreichen.
– Die Schweiz muss sich dafür einsetzen, dass Klarheit darüber geschaffen wird, wie die an der COP29 beschlossenen Finanzierungsziele erreicht werden sollen. Als fairen Anteil an der internationalen Klimafinanzierung muss die Schweiz bis 2030 drei Milliarden Dollar pro Jahr beitragen.
– An der COP30 muss die Schweiz sich auch für einen starken Mechanismus (Belém Action Mechanism) einsetzen, um sicherzustellen, dass Klimapläne und -massnahmen gerecht und sozialverträglich sind.
CO2-Handel ist nicht die Lösung
In einer neuen Analyse zeigen Alliance Sud und Fastenaktion auf, dass die CO2-Kompen¬sation der Schweiz im Ausland nicht zu mehr Klimaschutz insgesamt führt – obwohl dies eine Bedingung für den CO2-Handel unter dem Pariser Abkommen wäre. «Die Schweizer Politik will Geld sparen und lagert einen gewichtigen Teil ihrer Emissionsminderung aus, anstatt Artikel 6 für zusätzlichen Klimaschutz und zur Förderung technologisch transformativer Projekte zu nutzen», sagt David Knecht, Programmverantwortlicher Klimagerechtigkeit bei Fastenaktion und Co-Koordinator der Arbeitsgruppe «Ambition» beim Climate Action Network International. Dabei werden Politik und Gesellschaft von der Erdöllobby beeinflusst, welche mit dem Geld internationaler Ölkonzerne die Energiewende in der Schweiz ausbremst. Somit handelt die Schweiz dem eigentlichen Sinn und Zweck der Pariser Marktmechanismen zuwider.
Hinweis: Delia Berner, Klimaexpertin von Alliance Sud, ist als Vertreterin der Zivilgesellschaft Mitglied der offiziellen Verhandlungsdelegation der Schweiz und ab dem 10. November in Belém.
Für weitere Informationen:
Alliance Sud, Marco Fähndrich, Medienverantwortlicher, Tel. 079 374 59 73, marco.faehndrich@alliancesud.ch
Fastenaktion, Bettina Dürr, Fachexpertin für Klimagerechtigkeit, Tel. +41 79 745 43 53 (via Signal, WhatsApp oder Threema), duerr@fastenaktion.ch
Bettina Dürr beobachtet die Verhandlungen zum Global Stocktake, zur Just Transition und zur Klimafinanzierung ab dem 7. November vor Ort in Belém.
Fastenaktion, David Knecht, Fachexperte für Klimagerechtigkeit, Tel. +41 76 436 59 86 (via Signal oder WhatsApp), knecht@fastenaktion.ch
David Knecht beobachtet die Verhandlungen zur Mitigation / NDCs und den CO2-Kompensationsmechanismen ab dem 7. November vor Ort in Belém
Was erwarten unsere Mitgliedsorganisationen von der COP30?
Sonja Tschirren, Klimaexpertin bei SWISSAID
«An der COP30, wo die Ernährungssysteme zentral sind, darf die Rechnung nicht ohne die ländliche Bevölkerung im Globalen Süden gemacht werden. Für sie braucht es angemessene Schweizer Klimafinanzierung und Unterstützung für Schäden und Verluste. Nur so kann die Transition hin zu agrarökologischen, an den Klimawandel angepassten Produktionssystemen gelingen. Auch lokal tätige multinationale Firmen müssen in die Pflicht genommen werden – freiwillige Kohlenstoffmärkte werden das Problem nicht lösen.»
Bettina Dürr, Programmverantwortliche Klimagerechtigkeit, Fastenaktion und Vorstandsmitglied Klima-Allianz
«An der COP28 in Dubai haben sich die Länder darauf geeinigt, die Energiewende weg von den Fossilen in Angriff zu nehmen. Mit den neu eingereichten Klimaplänen sehen wir, dass der Ausstieg aus den Fossilen noch nicht klar genug definiert ist. Die Schweiz sollte sich ein Ausstiegsdatum geben, um den Entscheid von Dubai umzusetzen.»
Christina Aebischer, Klimaexpertin Helvetas
«Wir erwarten von der Schweizer Regierung, dass sie sich mit allen Mitteln und glaubwürdig für die Einhaltung des Pariser Klimaabkommens und gegen die Schwächung der multilateralen Zusammen¬arbeit einsetzt. Es gibt unzählige Blatten auf dieser Welt. Unsere Solidarität mit Menschen, die durch den Klimawandel und zunehmende Naturgefahren alles verlieren und sich an neue Gegebenheiten anpassen müssen, darf nicht an den Landesgrenzen aufhören.»
Sarah Steinegger, Leiterin Fachstelle Entwicklungs- und Klimapolitik bei Caritas Schweiz
«Als eines der reichsten Länder darf die Schweiz ihre Klimaverantwortung nicht länger auf ärmere Länder und kommende Generationen abschieben – sie muss jetzt handeln.»
Johannes Wendland, Fachperson Klimagerechtigkeit bei HEKS
«Bei den Verhandlungen zur Klimafinanzierung geht es nicht um Grosszügigkeit – sondern um Ver¬antwortung. Die Kosten der Klimakrise müssen von den grossen Verschmutzern getragen werden und nicht von den Menschen, die am wenigsten zum Problem beigetragen haben.»
Klaus Thieme, Leiter Internationale Programme Solidar Suisse
«Im Globalen Süden verschärft die Klimakrise Armut und Unsicherheit. Besonders die Working Poor sind von Überschwemmungen, zerstörten Lebensgrundlagen und prekären Arbeitsbedingungen be¬troffen. Wir brauchen zukunftsfähige, nachhaltige und menschenfreundliche Arbeitsplätze, die den Menschen echte Perspektiven bieten. Die Schweiz muss ihren fairen Beitrag leisten, damit Klima¬schutz nicht neue Ungleichheit schafft.»
Júlia Garcia, Nationale Koordination Brasilien, terre des hommes schweiz
«Die Jugend spielt eine zentrale Rolle bei der Entwicklung von Lösungen für die Klimakrise. Dazu gehören die Indigenen Jugendlichen, denn sie sind die Hüter:innen der Wälder, die vom Globalen Norden zerstört werden. Die Stimmen dieser jungen Menschen müssen gehört und in die Verhand-lungen einbezogen werden.»
Maritz Fegert, Programmverantwortlicher Policy & Advocacy bei Biovision
«Die COP30 in Belém bietet eine wichtige Gelegenheit, Agrarökologie zu stärken, ein Ansatz, der das Potenzial hat, Ernährungssysteme und Landwirtschaft grundlegend zu transformieren. Durch entsprechende politische Veränderungen können Ernährungssysteme von einem Hauptverursacher von Treibhausgasemissionen zu einer wirkungsvollen Lösung für Klimaschutz und -anpassung werden.»
