In Kemkaga, im Süden des Tschad, beginnt der Tag für die Bäuerin Marceline Guemngaye frühmorgens. Während ihre sechs Kinder noch schlafen, bereitet sie das Frühstück vor. Heute haben die Kinder Glück. Es gibt Brei und Tee. «Es ist nie sicher, ob morgens das Essen für alle reicht», seufzt Marceline. An manchen Tagen gibt es morgens nur Tee und nichts zu essen. Noch bei Dunkelheit essen Marceline, ihre beiden Töchter und die vier Söhne am Boden ihrer Holzhütte ihr Frühstück. «Manchmal bleibt das Frühstück die einzige Mahlzeit am Tag», erklärt Marceline.

Viel Zeit zum Essen bleibt nicht, die Arbeit auf dem Feld ruft. Marceline und ihre Kinder müssen hart arbeiten, auch wenn der Hunger schon morgens gross ist. Ohne zu wissen, wann sie das nächste Mal etwas zu essen bekommen, ziehen sie los aufs Feld mit Spaten, Hacken und Schaufel. Die Familie bewirtschaftet ein eigenes Feld. Davon erntet Marceline einen Teil für sich, den Rest verkauft sie.

Frühstück, Mittagessen, Nachtessen: Eine Utopie

Neben dem Verkauf ihrer eigenen Produkte gibt es kaum eine Möglichkeit, Geld zu verdienen, geschweige denn für die Schulbildung der Kinder oder Arztkosten aufzukommen. Deshalb gehen Marcelines Kinder nicht zur Schule und müssen auf dem Feld mithelfen.

So sieht das Leben vieler Familien im Tschad aus. Dabei ist besonders für Frauen die Herausforderung gross, jeden Tag genügend Essen für die ganze Familie zuzubereiten.

In entlegenen Gebieten wie Kemkaga, das rund 30 Kilometer von der Hauptstadt Koumra liegt, haben die Menschen weder genügend Lebensmittel noch Geld, um auf dem lokalen Markt einzukaufen, um die Familie angemessen zu ernähren. Der Weg in die Hauptstadt ist weit, viele Frauen können den beschwerlichen Weg nicht auf sich nehmen. So können die Frauen selten drei Mahlzeiten am Tag zubereiten. Viele Menschen im Tschad leiden an Hunger. «Wir essen unregelmässig – mal morgens, mittags oder abends», erklärt Marceline.

Hunger führt zu sozialen Spannungen

Neben den klimatischen Bedingungen und Extremphänomenen – Trockenheit, Hitze, aber auch kurze starke Regenfälle und Überschwemmungen – gibt es für die Menschen auf dem Land im Tschad noch weitere Schwierigkeiten. «Durch die permanente Unsicherheit ist die Situation in der Familie und mit den Nachbarn oft angespannt», sagt Marceline. Da die Verantwortung, die Familie zu ernähren, den Frauen obliegt und sie das Essen zubereiten, bleibt der Frust in der Familie oft auch an ihnen hängen, wenn es wenig, bis nichts zu essen gibt.

Viele Bäuerinnen und Bauern halten für den Eigenbedarf und zum Verkauf neben ihrer Feldarbeit auch Vieh. Wie die Menschen leidet auch dieses stark unter den klimatischen Bedingungen und an Hunger. Häufig verwüsten die Kühe Felder. Sie suchen mangels Nahrungsoptionen Futter auf benachbarten Feldern und fressen dort die Ernte weg. Das führt zu teils heftigen Konflikten und Zwist zwischen den Bauernfamilien. Die wirtschaftlichen Schäden sind fatal. «Für den Verlust der Ernte werden wir nicht entschädigt», sagt Marceline.

Besser für die Familie sorgen dank Agrarökologie

SWISSAID unterstützt Frauen wie Marceline. «Ich habe dank SWISSAID eine Ausbildung in Agrarökologie gemacht und die nötigen Maschinen und das Saatgut erhalten», erklärt Marceline. Das CELIAF (Cellule de Liaison et d’Information des Associations Féminines) fördert in Zusammenarbeit mit SWISSAID besonders die Frauen in der Provinz Mandul. Wie Marceline sind viele andere Frauen im Dorf einer Frauenorganisation angeschlossen, die der CELIAL angehört.

«Dank der Unterstützung von SWISSAID gelingt es uns, besser für die Familie zu sorgen. Unsere Produktion von Getreide, Gemüse, Früchten hat sich verbessert, wir verdienen mehr Geld und können so den Kindern eine Schulausbildung ermöglichen sowie die medizinische Versorgung der Familie sichern», sagt Marceline.

«Doch die Unterstützung ist nicht so gross», so die Bäuerin weiter. «Deshalb setze ich mich dafür ein, dass wir einen Wagen erhalten, damit wir die Distanz von 10 Kilometer zwischen Haus und Feld leichter überwinden können.»

Ausserdem gelangen wir mit einem Wagen einfacher und schneller zum Gesundheitszentrum in die Hauptstadt nach Koumra, falls mal jemand aus dem Dorf medizinische Hilfe benötigt. Und die grösste Hoffnung der Bäuerin Marceline: «Dank dem Wagen könnten wir auch landwirtschaftliche Produkte viel einfacher transportieren.»

In der Zwischenzeit ist in Kemkaga die Nacht angebrochen. Marceline und ihre Kinder sind müde und schlafen nach einem anstrengenden Tag rasch ein. Der nächste Tag wartet nur wenige Stunden entfernt bereits auf sie. Vielleicht kommt ja bald die gute Nachricht und ein Wagen…

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