193 Mitgliedstaaten der UNO verabschiedeten 2015 17 nachhaltige Entwicklungsziele, die sogenannten SDG oder englisch «Sustainable Development Goals». Diese Ziele, auch Agenda 2030 genannt, nehmen die Staatengemeinschaft in die Pflicht, ihren Beitrag für eine gerechtere und weniger arme Welt zu leisten. Wichtig ist dabei, dass zum ersten Mal auch die industrialisierten Staaten aufgefordert werden, verantwortungsvollere Politiken in den Bereichen Handel, Klima, Gesundheit, Energie, Gleichstellung, Konsum, Schutz der Meere usw. zu beschliessen und umzusetzen.

An der Realisierung einiger dieser Ziele arbeitet SWISSAID aktiv und tatkräftig mit. Besonders folgende SDG leiten SWISSAID in ihrer Arbeit:

  • Ziel #1: Die Armut in allen ihren Formen und überall beenden.
  • Ziel #2: Den Hunger beenden, Ernährungssicherheit und eine bessere Ernährung erreichen und eine nachhaltige Landwirtschaft fördern.
  • Ziel #5: Gleichstellung erreichen und alle Frauen und Mädchen zur Selbstbestimmung befähigen.
  • Ziel #6: Verfügbarkeit und nachhaltige Bewirtschaftung von Wasser und Sanitärversorgung für alle gewährleisten.
  • Ziel #13: Umgehend Massnahmen zur Bekämpfung des Klimawandels und seiner Auswirkungen ergreifen.
  • Ziel #16: Friedliche und inklusive Gesellschaften für eine nachhaltige Entwicklung fördern.
  • Ziel #17: Finanzierungsbasis stärken und die globale Partnerschaft für nachhaltige Entwicklung mit neuem Leben erfüllen.

Diese Ziele sind miteinander verknüpft und beeinflussen sich gegenseitig. Sie betreffen sowohl die Innen- als auch die Aussenpolitik der einzelnen Staaten und strukturieren besonders die Entwicklungszusammenarbeit neu.

Gemeinsam statt einsam

Wie beeinflussen diese Ziele die Arbeit von SWISSAID? Ziel #17 sieht beispielsweise vor, dass zur Erreichung der übrigen 16 Ziele die Zusammenarbeit der Zivilgesellschaft mit dem Privatsektor und dem Staat nötig ist. Das gilt auch für die Schweiz, und SWISSAID beteiligt sich aktiv an dieser Zusammenarbeit.

Folgendes Projekt illustriert, was Ziel #17 bedeutet: SWISSAID ging mit 14 Gemeinden im Sahelstaat Niger eine Partnerschaft ein, um eine partizipative und transparente Verwendung der Ölgelder zu erreichen. Dies führte dazu, dass im Niger mehr finanzielle Mittel generiert wurden, etwa in der Gemeinde Torodi, in der sich mit einem transparenteren Budgetprozess die Einnahmen um 50 Prozent steigern liessen. Diese Zusammenarbeit mit den Gemeinden ist ein Beitrag zu Ziel #16, das für weniger Korruption und für partizipative Entscheidungsprozesse plädiert.

Dem Wirbelsturm getrotzt

Die Zusammenarbeit von SWISSAID mit der Universität von Nicaragua ist ein weiteres Beispiel, das die Notwendigkeit von Partnerschaften (Ziel #17) für die Erreichung der Nachhaltigkeitsziele illustriert. Der Wirbelsturm «Nate» vernichtete im Oktober des vergangenen Jahres die Hälfte der Mais- und Bohnenernte im Departement Matagalpa, Nicaragua. Dennoch verfügten die von SWISSAID unterstützten Bauernfamilien über ausreichend Lebensmittel, um über die Runden zu kommen. Dies im Gegensatz zu vielen anderen Bauernfamilien. Vorgängig waren mit der Universität Studien über lokal angepasstes Saatgut durchgeführt worden, sodass die Bäuerinnen und Bauern angepasste Diversifizierungsstrategien anwendeten. Hinzu kamen Gewässerschutzmassnahmen, die ergriffen worden waren. Eine bessere Resilienz gegenüber extremen Wetterbedingungen ist eine zentrale Forderung des Ziels zum Klimawandel, Ziel #13. Die Zusammenarbeit mit der Wissenschaft ist dabei zentral.

Digitale Schädlingsbekämpfung

In Tansania arbeitet SWISSAID zusammen mit der ETH Zürich zum zweiten Entwicklungsziel, das sich dem Kampf gegen den Hunger widmet (Ziel #2). Mit einer sehr einfach zu handhabenden Smartphone-App können Bäuerinnen und Bauern fachkundigen Rat einholen, wenn ihre Nutzpflanzen von Schädlingen befallen sind. Sie erhalten wissenschaftlich fundierte Lösungsvorschläge, ohne auf chemische Pestizide zurückgreifen zu müssen. Das reduziert die Kosten, erlaubt zeitnahe Beratung und erhöht die Produktivität. Die Erfahrungen mit agroökologischen Ansätzen und Versuchsanordnungen werden wiederum genau dokumentiert. So können die Resultate verwendet werden, um mit der tansanischen Regierung in einen Dialog zur Förderung der ökologischen Landwirtschaft zu treten. Ein Unterziel von Ziel #2 verlangt eine Verdoppelung der Produktivität von Kleinbauern, ohne bestehende Ökosysteme zu schädigen. Die Zusammenarbeit mit der ETH Zürich ist ein wichtiger Beitrag zu Ziel #2.

Gleichstellung von Mann und Frau

In Indien setzt sich SWISSAID für die Gleichstellung ein und leistet einen wichtigen Beitrag zu Ziel #5. SWISSAID unterstützt Organisationen, die sich um Opfer häuslicher Gewalt und Prävention kümmern. Hier ist die Zusammenarbeit mit dem «Women’s Studies Center» und dem «ILS Law College» zentral, um Polizisten, Richter, Anwälte und Pflegepersonal im Umgang mit Opfern häuslicher Gewalt zu schulen. Durch die Partnerschaft mit dem ILS konnte ein praktisches Handbuch entwickelt und publiziert werden, das von der Regierung im Bundesstaat Maha-rashtra übernommen wurde, und nun an alle staatlichen Stellen verteilt wird, die sich mit häuslicher Gewalt beschäftigen. Dieses Handbuch soll auch ins Englische übersetzt werden, um es auf nationaler Ebene einzuführen. Die Bekämpfung häuslicher Gewalt ist eine zentrale Forderung von Ziel #5, und durch die Partnerschaft von SWISSAID mit dem ILS konnte in Indien ein wichtiger Beitrag dazu geleistet werden.

Ohne kohärente Politik geht nichts

Die Beispiele zeigen, dass die Entwicklungsziele der Vereinten Nationen nur im Verbund mit anderen Akteuren erreicht werden können. Das bedingt, dass sich in den Entwicklungs- und Schwellenländern der Staat, die Privatwirtschaft und die Zivilgesellschaft besser koordinieren und eine kohärente Politik umsetzen, die sich konsequent an den Nachhaltigkeitszielen ausrichtet. Innenpolitisch setzt dies Unterstützung für die Ziele und die daran beteiligten Akteure voraus. Das ist leider noch nicht immer der Fall. So ist beispielsweise der freie Zugang zu Saatgut und zu einer gentechfreien Landwirtschaft für alle Kleinbauernfamilien zentral – überall, im Inland wie im Ausland. Deshalb setzt sich SWISSAID auch in der Schweiz für einen nachhaltigen Agrarhandel mit strengen ökologischen und sozialen Kriterien ein. Denn hier gibt es auch in der Schweiz noch einiges zu tun.