SWISSAID ist seit 1980 im westafrikanischen Guinea-Bissau tätig. Trotz der seit der Unabhängigkeit anhaltenden unsicheren und instabilen politischen Lage ist SWISSAID eine der wenigen NGOs, die ihr Engagement für die arme Bevölkerung in diesem kleinen, portugiesischsprachigen Land aufrechterhält. Das Programm von SWISSAID konzentriert sich heute auf die Regionen Bafatá, Cacheu und Oio im Norden des Landes und auf die Hauptstadt Bissau.
Foto: Dorfplatz von Canchungo in der Region Cacheu.
Das Programm von SWISSAID in Guinea-Bissau zielt vor allem auf die ländliche Bevölkerung, der es an genügend Nahrungsmitteln in guter Qualität mangelt. SWISSAID unterstützt Bauernorganisationen, die sich für die Biolandwirtschaft entscheiden. In Kursen lernen die Bäuerinnen und Bauern innovative Methoden beispielsweise für den Gemüse- oder Maisanbau. Der ökologische Reisanbau anhand von lokalem Saatgut fördert die biologische Vielfalt und unterstützt den Kampf gegen die Entwaldung: Der Reis gedeiht sehr gut im Brackwasser der Mangrovenwälder an der Küste des Landes.
Die Ernährung ist nicht alles. Auch die Gesundheit und Schulbildung der Kinder sind wichtig. Um diese Kosten berappen zu können, müssen die Bauernfamilien ein zusätzliches Einkommen erwirtschaften. Mit Unterstützung von SWISSAID entwickeln und verbessern sie verschiedene Aktivitäten, um etwas dazu zu verdienen: Sie gewinnen Honig aus der Bienenzucht oder stellen Salz, Öl, Seife und Stoff her. Frauengruppen vergeben Mikrokredite, deren Empfängerinnen rasch selbstständig werden und ihre eigenen Aktivitäten finanzieren können.
Foto: Im Gemeinschaftsladen im Dorf Tchur Brick werden die verarbeiteten Produkte verkauft.
In Guinea-Bissau können Dörfer Eigentumsrechte an ihren Gemeinschaftswäldern erlangen. Mit Früchten, Honig, Medizinalpflanzen oder Feuer- und Bauholz deckt der Wald einen grossen Teil der täglichen Bedürfnisse. Deshalb ist es sehr wichtig, die ländlichen Gemeinschaften bei ihrem Engagement für mehr Rechte an ihren Wäldern und deren nachhaltige Bewirtschaftung zu unterstützen. Da die Regierung häufig über die illegalen Rodungen durch ausländische Unternehmen hinwegsieht, setzen sich SWISSAID und ihre Partnerorganisationen für den Schutz der Wälder ein.
Auch in Guinea-Bissau ist Trinkwasser ein wertvolles und rares Gut. SWISSAID unterstützt den Bau von Brunnen in abgelegenen Regionen des Landes. Möglichst viele Familien sollen Zugang zu sauberem Trinkwasser erhalten, das ihre Gesundheit verbessert. Dank dem Brunnen werden die Frauen und Mädchen zudem entlastet und müssen das Wasser nicht mehr kilometerweit schleppen. Mit Informationen über Hygiene und dem Bau von Latrinen wird das Wohlergehen der Familien zusätzlich verbessert.
Wie viele afrikanische Länder ist auch Guinea-Bissau reich an Bodenschätzen: Phosphat, Bauxit, Erdöl und Titaneisenherz regen den Appetit der grossen Bergbau- und Erdölkonzerne an. SWISSAID unterstützt Organisationen der Zivilgesellschaft, die sich für eine nachhaltige und verantwortungsvolle Ressourcennutzung einsetzen, die weder Mensch noch Umwelt schadet. Diese Organisationen kämpfen auch für eine gerechtere – und transparente – Verteilung der Rohstoffeinnahmen. Statt der machthabenden Elite sollen diese der Bevölkerung zu Gute kommen.
Foto: Phosphatabbau in der Nähe des Dorfs Farim in der Region Oio.
Die politische Lage in Guinea-Bissau ist instabil und unsicher. Seit der Einführung des Mehrparteiensystems in den 90er Jahren hat noch kein Präsident seine Amtszeit regulär beendet – alle wurden Opfer eines Putsches oder Attentats. SWISSAID unterstützt deshalb Organisationen der Zivilgesellschaft, wie die «Ligue des droits de l'homme de la Guinée-Bissau», die sich für die Einhaltung der Menschenrechte einsetzen. Wichtig ist es auch, die Bevölkerung für ihre staatsbürgerlichen Rechte und Pflichten zu sensibilisieren. Darum unterstützt SWISSAID Jugendgruppen, die die Bevölkerung bei den Wahlen im ganzen Land dazu aufrufen, an die Urne zu gehen. Mit Erfolg.
Foto: Von Organisationen der Zivilgesellschaft in Guinea-Bissau organisierte öffentliche Veranstaltung für die Demokratie.
In einem Land, wo der Grossteil der Bevölkerung die Mädchenbeschneidung als normal betrachtet, scheint es ein unmögliches Unterfangen zu sein, die Gleichstellung von Mann und Frau zu verteidigen und häusliche Gewalt zu bekämpfen. Aber nicht völlig! SWISSAID unterstützt Frauenorganisationen, die sich für ihre Rechte einsetzen, und bietet ihnen Kurse für Lesen und Schreiben an. Damit trägt SWISSAID dazu bei, die Stellung der Frau in der Gesellschaft Guinea-Bissaus zu verbessern, und beteiligt sich an den jüngsten Fortschritten in diesem Bereich: der Verabschiedung eines Gesetzes von 2011, das die Genitalverstümmelung verbietet, und eines weiteren Gesetzes von 2013, das häusliche Gewalt verurteilt.
Foto: Frauenfussball in den Strassen von Canchungo in der Region Cacheu.
SWISSAID investiert rund 900 000 Franken jährlich in ihr Programm in Guinea-Bissau. Ihr Büro in Bissau wird von Alfredo Handem geleitet. Das Team besteht ausschliesslich aus einheimischen Personen. Dies hat verschiedene Vorteile: bessere Kenntnisse des sozio-kulturellen und geopolitischen Hintergrunds, Beherrschung der Landessprachen und Nutzung von lokal vorhandenem Wissen.
Portrait von Alfredo Handem, dem Büroleiter in Guinea-Bissau